5 Fotos: Narrengruppe auf der Bühne in der Kirchstraße, Fasnacht 1959

Diese Fotos stellte dankenswerterweise Alexandra Scholl zur Verfügung.

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Dicht gedrängt stehen sie auf der Fasnachtsbühne in der Kirchstraße: eine laute, ausgelassene Narrenschar mitten im Trubel der Fasnacht. Ein Akkordeon wird gespielt, einer ruft dazwischen, alle reden durcheinander. Kinderwagen, Wäschekörbe, Vogelkäfige, Kittelschürzen und klappernde Milchkannen- ein wilder, bunter Haufen. Die Szenerie ist lebendig, überdreht, komisch – und typisch für die Straßenfasnacht, bei der sich ganze Gruppen gemeinsam beteiligen und ihrer Phantasie freien Lauf lassen.

Doch auf den zweiten Blick ist das Bild nicht so harmlos, wie es scheinen mag. Die Gruppe stellt sogenannte »Zigeuner« dar, also Sinti und Roma. Ihre Kleidung und das Verhalten sind klischeehaft überzogen, betonen ihre Armut und zeigen eine ungezügelte Wildheit. Was als Fasnachtsspaß gemeint ist, ist zugleich diskriminierend. Die Fotoserie zeigt auch, wie tief verwurzelte Vorurteile und rassistische Stereotype über Jahrzehnte hinweg tradiert und durch scheinbar harmlose Volksbräuche im Alltag weitergegeben und verfestigt werden. Mit dem Ende des NS-Regimes endete die Diskriminierung und Verfolgung der Minderheit der Sinti und Roma nicht.

Foto Nr. 1:
Der Polizist in der Bildmitte ist Arno Adrion (1924-1993). V.l.n.r. Gertrud Faller (geb. Schmid), Otto Schweizer, Hedwig Amann (geb. Geisinger), Olga Geisinger, Irma Adrion (geb. Schmid, 1927-2019), Renate Schelb (geb. Adrion)

Zu der Narrengruppe gehören auch: Bärbel Benz, Gretel Jordan (verh. Ganter), Elise Hepting, Anni Jordan (verh. Kaiser), Ernst Krauß, Maria Schweizer, Edmund Laufer, Henriette Laufer, Anna Jordan

Standort des Fotografen: 47.883068, 8.344306

7 Gedanken zu „5 Fotos: Narrengruppe auf der Bühne in der Kirchstraße, Fasnacht 1959

  1. Guten Tag Herr Wassmer,

    um das „Durcheinander“ der Darsteller etwas zu ordnen, Hinweise zum oberen, ersten Bild.
    Bild Nr. 1:
    Der Polizist in der Bildmitte (Axelklappen auf dem Kittel) ist Arno Adrion (1924-1993).
    Links daneben steht die Getrud Faller (geb. Schmid), mit der Zigarette im Mund.
    Dahinter schaut der lächelnde Otto Schweizer hervor (schräger, heller Hut). Rechts neben ihm und neben dem Arno Adrion, steht die junge Frau mit dem karierten Hemd, das ist Hedwig Amann (geb. Geisinger). Die große Frau (Seitenansicht, helles Kopftuch) ist ihre Mutter, Olga Geisinger. Rechts davor steht Irma Adrion (geb. Schmid – 1927-2019), sie ist ebenfalls nur in Seitenansicht und auch mit einem hellem Kopftuch zu sehen. Ganz rechts die Frau mit dem großen Ohrring und der dunklen Korbtasche ist mir leider unbekannt. Und zuletzt, ganz vorne im Bild, vor dem Kinderwagen und leider nur von hinten zu sehen, steht Renate Schelb (geb. Adrion) mit ihrem langen Haarzopf. Alle anderen Teilnehmer sind mir leider unbekannt.

    Viele Grüße: Bernhard Adrion

  2. Beim Betrachten der Kleider meiner Oma Getrud Faller erkannte ich die Bluse die sie trägt wieder. Sie hängt immer noch im Fasnetschrank im Hause Bölle und ich habe dieses Oberteil schon oft als Hexenhäs gebraucht. Unglaublich dass es schon so alt ist.

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