Aufmarsch beim Erntedankfest in der Unteren Hauptstraße, Oktober 1938

Dieses Foto stellte dankenswerterweise Hans-Martin Konhäuser zur Verfügung.

Es ist ein nasskalter Herbsttag. Die Fahrbahn der Unteren Hauptstraße glänzt vom Regen, am Straßenrand stehen Menschen in Mänteln. Ein organisierter Festzug zieht durch die Straße. An der Spitze marschiert eine Gruppe von Mädchen, vermutlich Angehörige des »Bund Deutscher Mädel« (BDM), der weiblichen Jugendorganisation des NS-Regimes. Hinter ihnen folgt die Stadtmusik, gefolgt von weiteren Formationen. Der Anlass ist das Erntedankfest, das im nationalsozialistischen Festkalender eine wichtige Rolle spielt. Solche Feiern dienen nicht nur der ideologischen Aufladung traditioneller Jahresfeste, sondern auch der öffentlichen Demonstration von Geschlossenheit und Gefolgschaft innerhalb der sogenannten »Volksgemeinschaft«.

Die Häuser entlang der Straße sind mit Reisiggirlanden geschmückt, viele tragen Flaggen. Am Gasthaus »Adler« (Untere Hauptstr. 2) und an der Bäckerei Straub ((Untere Hauptstr. 6) hängen Hakenkreuzfahnen – seit 1935 alleinige Nationalflagge des Deutschen Reiches – sowie die schwarz-weiß-rote Fahne des früheren Kaiserreichs, die von den Nationalsozialisten wieder als »Traditionsflagge« verwendet wird. Am Haus Limb ((Untere Hauptstr. 4) hingegen fehlt der politische Flaggenschmuck. Stattdessen ist quer über die Straße ein Werbebanner gespannt, das für »Essolub«, ein Motoröl des Unternehmens Esso, wirbt. Julius Limb betreibt dort einen Friseursalon, eine Drogerie und eine Tankstelle – seine Reklame steht an diesem Tag sichtbar in Konkurrenz zum staatlich inszenierten Festbild.

Das Erntedankfest 1938 findet nur einen Tag nach einem gravierenden politischen Ereignis statt: Am 1. Oktober marschiert die deutsche Wehrmacht in die Tschechoslowakei ein und besetzt das sogenannte Sudetenland. Während in Löffingen die Ernte symbolisch gefeiert wird, setzt das NS-Regime seine aggressive außenpolitische Expansion fort – ein entscheidender Schritt auf dem Weg zum Zweiten Weltkrieg, der weniger als ein Jahr später, am 1. September 1939, mit dem Überfall auf Polen beginnt.

Standort des Fotografen: 47.883847, 8.343898

Ausflug des »Jungmädelbundes«, ca. 1935

Dieses Foto stellten uns dankenswerterweise Gertrud Heitzmann und Ursula Moch-Weiss zur Verfügung.

Zu den Aktivitäten des »Bund deutscher Mädel«, dem weiblichen Zweig der »Hitlerjugend«, zählen insbesondere Ausflüge, Wanderungen und Märsche in freier Natur. Hier sind junge Mädchen zu sehen, die im »Jungmädelbund« der 10- bis 14-Jährigen organisiert sind. Sie stehen an einem Holzgatter und beobachten eine Schafherde, die weidet. Die Gruppe führt einen Wimpel mit sich, auf dem auf schwarzem Grund ein weißes Runenzeichen abgebildet ist.

Wie in der HJ gilt auch im BDM das Prinzip, dass Jugend durch Jugend geführt werden soll. Die Führerin der »Mädelschaft«, Else Häusle (verh. Weiss, 1911-?), die rechts steht, ist selbst noch sehr jung.

V.l.n.r.: ???, ???, ???, ???, ???, ???, ???, ???, ???, Gertrud Brugger (verh. Heitzmann, 1921-2005, im weißen Kleid), ???, ???, ???, ???, ???, ???, ???

Standort des Fotografen: ???

Umzugswagen »Hamburg« auf dem unteren Rathausplatz, ca. 1935

Dieses Foto stellte dankenswerterweise Sabine Hornstein zur Verfügung.

Zu welchem Anlass das Schiff »Hamburg« hier über den unteren Rathausplatz fährt, ist unbekannt. Sicher ist nur, dass gerade ein Festumzug stattfindet – und kein Fasnachtsumzug wie 1929, als die »Hamburg« schon einmal durch das Städtchen kreuzte. Fest steht auch, dass das Foto in der NS-Zeit aufgenommen wird, wie an den Hakenkreuzfahnen zu erkennen ist, die an den geschmückten Häusern wehen. Die Matrosen und Belegschaft an Bord gehören dem Turnerbund an.

Im Vordergrund rechts ist eine Schar Kinder zu sehen, mehrere tragen die Uniformen der Hitlerjugend und des Bund deutscher Mädel. Da manche Kinder mit wärmeren Jacken gekleidet sind und das Bäumchen vor dem Café Ritter (Rathausplatz 5) noch kahl ist, scheint es sich um das Frühjahr zu handeln. Denkbar wäre ein Festumzug am 1. Mai, dem zum Feiertag erhobenen »Tag der nationalen Arbeit«.

Auf dem Schiff stehen:
1.Reihe, v.l.n.r.: 1 Engelbert Müller, 2 ???, 3 ???, 4 ???, 5 Hilde Schultheiß (verh. Schulz), 6 Anna Nägele (verh. Vierlinger) oder Alma Egle, 7 Elise Schultheiß (verh. Würzburger), 8 Anna Beha, 9 ???, 10 ???, 11 ???, 12 ???, 13 ???, 14 ???, 15 ???, 16 ???, 17 August Fehrenbach, 18 ???
2.Reihe, v.l.n.r.: 1 ???, 2 ???, 3 ???, 4 ???

Standort des Fotografen: 47.883831, 8.343929

Aufmarsch des BDM in der Alemannenstraße, ca. 1936

Dieses Foto stellte uns dankenswerterweise Gertrud Heitzmann zur Verfügung.

Mit dem »Gesetz über die Hitlerjugend« vom 1. Dezember 1936 wird die bis dahin formell freiwillige Mitgliedschaft im Bund Deutscher Mädel (BDM), dem weiblichen Zweig der Hitlerjugend (HJ), verpflichtend. Vom NS-Regime wird der BDM für die deutschen (»arischen«) Mädchen zum dritten Erziehungsfaktor neben Schule und Elternhaus erklärt. Untergliedert ist er in den Jungmädelbund der 10- bis 13-Jährigen und den Bund Deutscher Mädel der 14- bis 17-Jährigen. 

Ähnlich wie bei den Jungen liegt ein Schwerpunkt der Aktivitäten im BDM in Ausflügen, Wanderungen und Märschen in freier Natur, die oft am Lagerfeuer mit Kochen und gemeinsamem Gesang ausklingen. Dabei kommt die ideologische Schulung nicht zu kurz.

Auf dem Foto marschieren die Mädchen durch die Alemannenstraße. Die Mehrzahl gehört dem Jungmädelbund an, erkennbar an der Bundestracht, bestehend aus der weißen Bluse, dem blauem Rock und dem schwarzem Halstuch. Da das Foto im Herbst oder Winter aufgenommen wird, tragen die meisten auch Jacken. Am rechten Bildrand ist Gertrud Brugger (verh. Heitzmann, 1921-2005) zu sehen, die ein mit Blumen geschmücktes Fähnchen trägt.

Standort des Fotografen: 47.885825, 8.344211

Transport des Maibaums durch die Maienlandstraße, ca. 1935-1940

Dieses Foto stellte uns dankenswerterweise Alexandra Scholl zu Verfügung.

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 wandelt sich die lokale Festkultur innerhalb kurzer Zeit. Zu den neuen Festen, die zur NS-Propaganda und zur Formierung der NS-»Volksgemeinschaft« dienen, zählt der »Tag der Arbeit« am 1. Mai. Bereits 1934 wird auf dem – zur altgermanischen Kultstätte stilisierten – Alenberg erstmalig ein Maibaum aufgestellt. Die Hitlerjugend versammelt sich bei Einbruch der Dunkelheit und veranstaltet ein Höhenfeuer.

Das Foto zeigt, wie der Maibaum durch das Maienland in Richtung Alenberg transportiert wird. Die Hitlerjugend ist mit den kleinsten Pimpfen in Reih und Glied angetreten. Sie stehen vor dem Haus Maienlandstr. 32. Es gehört der Witwe Elisa Maier geb. Stadler. Ihr Ehemann Ferdinand Maier war im Ersten Weltkrieg gefallen.

Standort des Fotografen: 47.888820, 8.341936