Kommunionkinder der Jahrgänge 1900/1902 vor der Kirche, 30. März 1913

Dieses Foto stellte uns dankenswerterweise Olga Streit zur Verfügung.

Die Geschlechtertrennung wird bei der Erstkommunion am 30. März 1913 streng eingehalten. Mädchen und Jungen werden getrennt voneinander vor der Pfarrkirche St. Michael fotografiert. Im Hintergrund ist das Langhaus zu sehen. Deutlich zu erkennen ist, dass die Glasfenster mit Bildern und Mustern verziert waren, die heute nicht mehr vorhanden sind.

46 Erstkommunikantinnen sind auf dem Gruppenfoto versammelt. Ihre vier Lehrer rahmen sie ein: Franz Merk und ??? auf der linken Seite, Ferdinand Eggert und Eugen Steidlinger auf der rechten. In der Mitte stehen zwei Geistliche, einer von ihnen ist Pfarrverweser August Hermann (1882-1933), der von 1912 bis 1916 in der Pfarrgemeinde wirkt.

1. Reihe, v.l.n.r.: Nr. 8: Franziska Bieler (*1900, verh. Fehrenbach), Nr. 9: Klara Bieler (*1900), Nr. 11: ??? Kaufmann.
2. Reihe, v.l.n.r.:
3. Reihe, v.l.n.r.: ???, ???, ???, Nr. 4: Leopoldine Geisinger (1901-1989)
4. Reihe, v.l.n.r.: Nr. 10: Anna Hepting (*1900, verh. Ganter), Lehrer Eugen Steidlinger
5.Reihe, v.l.n.r.:

Standort des Fotografen: 47.882787, 8.344624

Innenraum der Pfarrkirche St. Michael, 2009

Sammlung Familie Waßmer

Seit der letzten Innenrenovation Mitte der 1990er Jahre präsentiert sich die katholische Pfarrkirche St. Michael wie auf diesem Foto. Die Veränderungen im Kirchenraum gegenüber älteren Ansichten waren infolge der Liturgiereformen des Zweiten Vatikanischen Konzils notwendig geworden: Die Kanzel wurde entfernt und durch einen Ambo ersetzt, ein Zelebrationsaltar wurde geschaffen, damit die Messe nicht mehr am Hochaltar mit dem Rücken zur Gemeinde gefeiert werden musste.

Stadtpfarrer Hermann Litterst (1929-2013), der 22 Jahre in Löffingen wirkte, war nicht nur Seelsorger, sondern auch ein begeisterter Bauherr.  Von 1993 bis 1996 erfolgte die Innenrenovation. Dabei wurde auch ein neuer Zelebrationsalter und ein neuer Ambo geschaffen: Der Altar verweist auf den brennenden Dornbusch. Auf seiner Vorderseite ist der hebräische Schriftzug »Jahwe« und auf der Rückseite die lateinische Insignie »JHS« zu lesen. Der Ambo zeigt die Symbole der vier Evangelisten als Halbreliefs. Der Adler steht für Matthäus, der Stier für Markus, der Löwe für Lukas, der Mensch für Johannes. Der neue Altar und Ambo fügen sich auf gelungene Art und Weise in das barocke Gesamtensemble ein.

Standort des Fotografen: 47.882588, 8.344173

Innenraum der Pfarrkirche St. Michael, nach 1917

Dieses Foto stellten uns dankenswerterweise Rita Willman und Franz Isele zur Verfügung.

Diese Aufnahme entsteht in der Advents- oder Weihnachtszeit. Der Kirchenraum der katholischen Pfarrkirche St. Michael ist mit Tannenbäumen geschmückt, die die beiden Seitenaltäre einrahmen.

1917 wurde die Kirche an das seit 1916 in Löffingen bestehende elektrische Leitungsnetz angeschlossen. Im Kirchenraum hängen mehrere einfache elektrische Lampen. Der mit Kerzen bestückte Kronleuchter hängt weiterhin im Chorraum. Seit 1881 sind die Wände bemalt, bei einer späteren Innenrenovation werden sie 1936/37 weiß übertüncht. Das Wandgemälde, das links im Chorbogen zu sehen ist, wird bei der Kirchenrenovierung in den Jahren 1993-1996 wieder freigelegt, renoviert und sichtbar gelassen.

Standort des Fotografen: 47.882588, 8.344173

Andachtsbild mit Witterschneekreuz, ca. 1830-1840

Sammlung Familie Waßmer

»Wahre Abbildung des Witterschnee-Kreuzes«, steht als Überschrift auf diesem Andachtsbildchen. Zu sehen ist die Kreuznische aus dem Jahre 1751/52 mit dem Gnadenkreuz und der Christusfigur. 1846 wurde die Gebetsnische beseitigt und die heutige (alte) Holzkapelle erbaut.

Nach der Errettung eines Mannes in einem Schneesturm im Jahre 1740 wurde das von ihm gestiftete Gnadenkreuz schnell Ziel von Wallfahrten. Erzählungen von Wunderheilungen verbreiteten sich. So soll beispielsweise ein Schmied aus Döggingen durch Verbrennungen am ganzen Körper schwer verletzt und arbeitsunfähig geworden sein. Er gelobte, wenn Gott ihn heile, schmiede er eine kunstvolle Kette. Tatsächlich sei er wieder gesund geworden und habe sein Gelübde gehalten. Die Kette sei an der Kreuznische angebracht worden. Sie ist auf dem Andachtsbildchen zu sehen.

Dass es sich bei der Darstellung des Gnadenkreuzes um eine »wahre Abbildung« handelte, war deshalb wichtig, weil den Gläubigen nur so seine wundertätige Wirkung auch in Form eines lithografierten Bildchens gegeben schien. 

Standort des Fotografen: 47.893229, 8.336186

Neue Witterschneekirche und alte Kapelle, ca. 1900

Sammlung Familie Waßmer

Neben einem floralen Motiv ist diese frühe Aufnahme der neuen Witterschneekirche und der alten Kapelle abgebildet. Von jenseits der Bahnlinie fällt der Blick auf die 1894-1897 erbaute Kirche, deren Langhaus und angebaute Sakristei zu sehen sind. Die Kastanienbäume sind noch klein und verdecken daher den Blick nicht. Rechts davor steht die alte Kapelle, die beim Bau der neuen Kirche von ihren ursprünglichen Standort verschoben wurde.

Standort des Fotografen: 47.892704, 8.333207

Familie Häusle nach der Taufe in der Oberen Hauptstraße, ca. 1940

Dieses Foto stellte dankenswerterweise Maria Kuster zur Verfügung.

Es ist Winter. Schnee liegt am Straßenrand. Eine Personengruppe steht an der Kreuzung von der Oberen Hauptstraße und der Dittishauser Straße. Man kommt gerade aus der katholischen Pfarrkirche St. Michael zurück, wo ein neugeborenes Baby soeben getauft wurde. Getragen wird es von der Hebamme Maria Häusle (geb. Schultheiß, 1883-1966). Drei Kinder, die zur Feier des Tages herausgeputzt sind, springen herum. Doch wie heißt der Täufling?

V.l.n.r.: 1 Steinmetz Karl Häusle (1878-1956), 2 Maria Häusle (verh. Kuster, 1921-2006), 3 Hebamme Maria Häusle (geb. Schultheiß, 1883-1966)

Die Kinder sind u.a. Ewald Hepting (1933-2010) und Inge Hepting (verh. Mayer, geb. 1938/39).

Standort des Fotografen: 47.884664, 8.348151

Taufgesellschaft nach einer Doppeltaufe vor der Pfarrkirche, ca. 1930-1940

Dieses Foto stellte uns dankenswerterweise Emma Kienzle zur Verfügung.

Auf den Treppenstufen vor der katholischen Pfarrkirche St. Michael hat sich eine Taufgesellschaft zu einem Erinnerungsfoto aufgestellt. Zwei Neugeborene sind soeben getauft worden, ob es sich um Zwillinge handelt oder um Täuflinge aus zwei unterschiedlichen Familien ist unbekannt. Die Frau, die das Baby rechts trägt, ist die Hebamme Veronika Geisinger (geb. Mauthe, 1878-1958).

Wer weiß, wer die Männer (Väter? Taufpaten?) sind? Wer sind die beiden Frauen? Der linke Mann sieht aus wie der seit 1943 vermisste Josef Kienzler.

Standort des Fotografen: 47.882845, 8.344318

Familie Heizmann nach der Taufe auf dem Heimweg in der Festhallenstraße, ca. 1939

Dieses Foto stellte uns dankenswerterweise Karl Heizmann zur Verfügung.

Nach der Taufe in der katholischen Pfarrkirche St. Michael wird das frisch getaufte Kind durch das Städtchen nach Hause getragen. Die Taufpatin wird von der Hebamme begleitet. Zu Hause wartet die Mutter, die noch im Wochenbett liegt und nach katholischem Brauch erst noch »ausgesegnet« werden muss.

Die Taufpatin Luise Bader geb. Straub (1914-2009) trägt den Täufling auf dem Arm, vermutlich Karl Heizmann jr., der am 11. August 1939 zur Welt kam. Rechts geht die Hebamme Veronika Geisinger geb. Mauthe (1878-1958), die eine schwarze Tracht trägt. Wer ist der Mann im Anzug und mit Zylinder?

Standort des Fotografen: 47.884102, 8.347891

Familie Heizmann nach der Taufe vor der Pfarrkirche, ca. 1939

Dieses Foto stellte dankenswerterweise Karl Heizmann zur Verfügung.

Die Taufgesellschaft verlässt die katholische Pfarrkirche St. Michael. Sie kommt nicht durch das Hauptportal, sondern durch eine Seitentür. Von dort führt eine Treppe direkt in die Bittengasse herunter. Die Gruppe bleibt dort für ein Erinnerungsfoto stehen. Die Vater trägt einen schwarzen Anzug und Zylinder. Die Frau neben ihm ist vermutlich die Taufpatin. Sie trägt ein schwarzes Kleid. Auf ihrem Arm hält sie den Täufling. Begleitet werden die beiden von der Hebamme, die eine schwarze Tracht trägt.

Bei dem Täufling handelt es sich um Karl Heizmann jr., der am 11. August 1939 zur Welt kam. Der Mann links ist vermutlich der Taufpate. Die Mutter des Kindes, Notburga Heizmann (geb. Schwanz, 1912-?), ist bei der Taufe nicht anwesend, da sie noch im Wochenbett liegt und nach katholischem Brauch noch »ausgesegnet« werden muss. Vertreten wird sie von der Taufpatin Luise Bader geb. Straub (1914-2009). Rechts steht die Hebamme Veronika Geisinger (geb. Mauthe, 1878-1958). Zwei Kinder nähern sich neugierig. Im Hintergrund sind weitere Kinder zu sehen, die beim Heruntergehen auf der Treppe herumalbern und sich gegenseitig schubsen.

Standort des Fotografen: 47.882756, 8.344682

Fronleichnamsprozession auf dem oberen Rathausplatz, 1955

Dieses Foto stellte uns dankenswerterweise Cindy Küßner zur Verfügung.

Langsam bewegt sich die Fronleichnamsprozession über den oberen Rathausplatz. Der Zug steuert das frühere Gasthaus »Sonne« an, vor dem ein Stationenaltar aufgebaut ist. Eine Gruppe Frauen, die vermutlich dem katholischen Frauenverein angehört, trägt eine Marienfigur auf dem Prozessionsweg durch das Städtchen. Zu den Trägerinnen gehört vorne rechts Helga Stöhr (verh. Küßner, geb. 1938).

Im Hintergrund ist das Gasthaus »Ochsen« (Rathausplatz 12) und das Haus vom »Zigarren-Vogt« (Rathausplatz 13) zu sehen. Der Kaufmann Wilhelm Vogt betreibt die Tabakwaren-Großhandlung.

Standort des Fotografen: 47.883974, 8.344918

Vikar Friedrich Kornwachs, ca. 1935

Erzbischöfliches Archiv Freiburg

Friedrich Kornwachs (1907-2001) wirkte 1933/34 als Vikar in der katholischen Pfarrei Löffingen. Er stand Stadtpfarrer Guido Andris (1879-1974) in dessen Konflikt mit den Nationalsozialisten mutig zur Seite.

Kornwachs wurde 1907 in Villingen als Sohn eines Glasermeisters geboren. Er besuchte zunächst die Volksschule und wechselte dann auf die Realschule. Bereits während seiner Schulzeit wollte er Priester werden. 1920 trat er in das Erzbischöfliche Konvikt in Freiburg ein und besuchte das Bertholdsgymnasium. Nach seinem Abitur 1927 studierte er Theologie und Philosophie in Freiburg und an der Universität Münster. 1931/31 absolvierte er das Priesterseminar in St. Peter. Am 6. März 1932 wurde er zum Priester geweiht. Im April 1932 trat Kornwachs seine erste Vikarsstelle in Schutterwald an. Spannungen mit dem dortigen Pfarrer führten im Juni 1933 zu seiner Versetzung nach Löffingen. Dort war der 26-Jährige auch Präses des katholischen Gesellenvereins. Unweigerlich geriet er in den Konflikt mit dem totalitären Machtanspruch der Nationalsozialisten. Mutig erhob er in mehreren Predigten seine Stimme gegen die NSDAP-Ortsgruppe und ihren Leiter Dr. Richard Straub (1894-1938). Am 19. April 1934 versetzte ihn der Erzbischof von Löffingen nach St. Georgen in Freiburg.

Zwei Jahre blieb er dort, bevor er 1936 als Vikar nach Dossenheim an der Bergstraße und weiter nach Tiengen am Hochrhein ging. Während seines dreijhrigen Vikariats geriet er erneut ins Visier der Gestapo, nachdem er öffentlich Stellung gegen die Verfolgung der Juden bezogen hatte. Im August 1939 wurde er nach Hohenzollern in die vakante Pfarrei Weildorf berufen. Zwei Tage nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde er investiert. Elf Jahre wirkte Kornwachs dort als Pfarrer. 1950 wurde er als Pfarrer nach Kollnau im Elztal versetzt. 1958 wurde er Pfarrer in Oberlauchrichgen im Klettgau. 1971 wurde der 64-Jährige schließlich Krankenhausseelsorger in seiner Heimatstadt Villingen, wo er Kranke und Sterbende seelsorgerisch begleitete. Seinen Ruhestand verlebte er ab 1974 in Leipferdingen. In dieser Zeit verfasste er seine Memoiren, die in den Jahren 1975/76 unter dem Titel »Nachlese. Erlebnisse und Erinnerungen eines Dorfpfarrers im Dritten Reich« erschienen. Daneben veröffentlichte er auch einen Gedichtband. Der Freiburger Erzbischof Oskar Saier (1932-2008) ernannte ihn 1984 zum Geistlichen Rat ad honorem. 1997 konnte Kornwachs sein 65. Priesterjubiläum begehen. Vier Jahre später starb er im Alter von 94 Jahren in Geisingen und wurde in seiner Geburtsstadt Villingen beerdigt.

Stadtpfarrer Guido Andris, ca. 1925

Erzbischöfliches Archiv Freiburg

Guido Andris (1879-1974) war von 1929 bis zu seiner gewaltsamen Vertreibung 1934 Stadtpfarrer in der katholischen Pfarrei Löffingen.

Geboren wurde er am 14. Dezember 1879 in Schollach als Sohn eines Schmiedes. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Nach dem Besuch der Volksschule wechselte er als 14-Jähriger auf die Lendersche Lehranstalt in Sasbach. Von 1897 bis 1901 besuchte er das Großherzogliche Badische Gymnasium in Rastatt und das dortige Erzbischöfliche Gymnasialkonvikt. Nach seinem Abitur 1901 studierte er bis 1904 Katholische Theologie an der Universität Freiburg. Am 5. Juli 1905 wurde Andris durch Erzbischof Thomas Nörber (1846-1920) zum Priester geweiht.

Er wirkte als Vikar in den Pfarreien Ettenheim, Oberwolfach und ab 1907 in Rastatt. Von 1910 bis 1912 war er von seinen seelsorgerischen Aufgaben entbunden, um sich dem katholischen Pressewesen zu widmen. In dieser Zeit fungierte er als Redakteur der Zeitungen Badenia und Rastatter Zeitung. Dabei lieferte er sich teilweise heftige Auseinandersetzungen mit dem politischen Liberalismus. Seine eigene politische Heimat war die katholische Zentrumspartei, deren Mitglied er war. 1912 wurde er Pfarrverweser in der katholischen Pfarrei Staufen. Zwei Jahre später kam er nach Ottenhöfen, wo er im Februar 1916 als Pfarrer investiert wurde. 15 Jahre lang wirkte er in der dortigen Pfarrei. Im März 1929 wurde Andris in die katholische Pfarrei Löffingen versetzt und im Auftrag des Freiburger Erzbischofs Karl Fritz investiert.

Früh geriet er in Konflikt mit der NSDAP-Ortsgruppe Löffingen, die bereits im April 1928 gegründet worden war. Die örtlichen Nationalsozialisten schrieben anonyme Hetzbriefe und attackierten den Priester in der nationalsozialistischen Presse als »geistlichen Zentrumsagitator«. 1932 spitzte sich die Konfrontation zu, als sich Andris im Zuge der Reichspräsidentenwahl 1932 für die Wiederwahl Hindenburgs aussprach. Er warnte vor den »religiösen Gefahren« der NS-Bewegung und bezeichnete Hitler als »Taufscheinkatholiken«. An Ostern 1932 verweigerte der Seelsorger NSDAP-Mitgliedern bei der Beichte die Absolution. Dem Konflikt lagen letztlich weltanschauliche Gründe zugrunde, wie Andris’ Predigt gegen die Ideologie der »Vernichtung lebensunwerten Lebens« und seine Stellungnahme gegen die kirchenfeindlichen Schriften von Alfred Rosenberg zeigen.

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme nutzten die lokalen Nationalsozialisten die neuen Möglichkeiten, die sich ihnen boten, um Rache zu üben: Der gleichgeschaltete Gemeinderat forderte in mehreren Versetzungsgesuchen von Erzbischof Conrad Gröber (1872-1948) die Versetzung des Stadtpfarrers. Andris agierte in dieser Zeit vorsichtig und enthielt sich öffentlicher Kritik an der Reichsregierung. Er fuhr aber fort, die lokalen Nationalsozialisten zu kritisieren, wenn diese gegen die Bestimmungen des Reichskonkordats verstießen. Ständiger Streitpunkt war der Umgang mit den katholischen Vereinen: Andris hatte ein blühendes Vereinswesen aufgebaut, das die Nationalsozialisten zu zerschlagen versuchten, obwohl das Konkordat eine Bestandsgarantie gab. Außerdem griff der Priester wiederholt den Ortsgruppenleiter und Ortsjugendführer sowie andere lokale Nationalsozialisten wegen ihres Lebenswandels an, der nicht seinen Vorstellungen von Moral und Sitte entsprach. Im Januar 1934 ermittelte die Geheime Staatspolizei gegen Andris und seinen Vikar Friedrich Kornwachs, da diese als Geistliche in Löffingen »untragbar« seien.

Am 23. Juni 1934 holte die NSDAP-Ortsgruppe mit Unterstützung der Kreisleitung Neustadt zum entscheidenden Schlag gegen den Priester aus. Am Vormittag drangen Nationalsozialisten in das katholische Pfarrhaus ein und beleidigten und bedrohten Andris. Sie forderten ihn auf, den katholischen Sportverband Deutsche Jugendkraft (DJK) aufzulösen. Andris lehnte dies ab. Am Nachmittag versammelten sich daraufhin Nationalsozialisten vor dem Pfarrhaus. Sie schrien Parolen gegen die DJK und forderten lautstark: »Heraus mit dem Rebellen!« Andris telefonierte mit Erzbischof Gröber. Dieser gab ihm Anweisung, Löffingen mit dem nächsten Zug zu verlassen und nach Freiburg zu kommen. Unterdessen eskalierte die Situation: Einige Bürger kritisierten die Aktion der Nationalsozialisten, es kam zu Wortgefechten, Rangeleien und körperlicher Gewalt. Insgesamt wurden 16 Bürger verhaftet. Einer von ihnen, der Landwirt Karl Bader (1902-1971), hatte die Kirchenglocken Sturm geläutet und wurde dafür mit Gefängnis und einmonatiger Haft im Konzentrationslager Kislau bestraft. Andris folgte schließlich der Weisung seines Erzbischofs und verließ seine Pfarrei. Die Nationalsozialisten verhöhnten ihn auf dem Weg zum Bahnhof und stimmten das Volkslied »Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus« an.

Nach seiner gewaltsamen Vertreibung am 23. Juni 1934 wurde Andris am 29. Juni in Freiburg von der Gestapo unter dem Vorwurf der »Aufreizung zum Landfriedensbruch« verhaftet und in »Schutzhaft« genommen. Nach vier Tagen wurde er wieder freigelassen. Er wurde aber mit einem Bezirks- und Ortsverweis bestraft und durfte somit weder nach Löffingen noch in den Amtsbezirk Neustadt zurückkehren. Die Bemühungen, eine Aufhebung dieses Verweises zu erwirken, scheiterten. Im Januar 1935 versetzte Erzbischof Conrad Gröber schließlich Andris »unter Absenzbewilligung« in die Pfarrei Steinbach (Baden-Baden), wo der Geistliche im Oktober des Jahres investiert wurde.

Aus gesundheitlichen Gründen wurde er 1942 auf die Insel Reichenau versetzt. Beinahe drei Jahrzehnte wirkte Andris dort in der Pfarrei St. Peter und Paul. 1965 konnte er sein 60. Priesterjubiläum feiern. Fünf Jahre später ging er in den Ruhestand. Am 28. April 1974 starb er im Alter von 94 Jahren in Niederzell. Seine letzte Ruhe fand er auf dem dortigen Friedhof.